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Religionsausübungsfreiheit: Kein Recht auf Befreiung von der Helmpflicht wegen eines Turbans

Ein Anhänger der Sikh-Religion wollte von der Helmpflicht aufgrund seines Turbans befreit werden. Letzten Endes musste das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) über den Fall, der die Freiheit der Religionsausübung betrift, entscheiden.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte hierzu bereits entschieden, dass zwar kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung bestehe, weil eine Reduktion des behördlichen Ermessens auf null nicht vorliege. Die Versagung beruhe aber auf einer fehlerhaften Ermessensausübung. Die Stadt dürfe die Unmöglichkeit des Helmtragens aus gesundheitlichen Gründen nicht großzügiger behandeln als eine Unmöglichkeit aus religiösen Gründen. Mit der bereits vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision verfolgt der Betroffene sein Ziel weiter, die Stadt zur Erteilung der beantragten Ausnahmegenehmigung verpflichten zu lassen. Er trägt insbesondere vor, der Eingriff in seine Religionsfreiheit könne nicht durch die rein hypothetische Annahme etwaiger Unfallfolgen gerechtfertigt werden.

Das BVerwG hat nun entschieden, dass der Mann entweder einen Helm tragen oder aber auf das Motorradfahren verzichten muss. Die in der Straßenverkehrsordnung angeordnete Pflicht, beim Motorradfahren einen geeigneten Schutzhelm zu tragen, kann den Betroffenen als gläubigen Sikh zwar mittelbar in seiner Religionsausübungsfreiheit beeinträchtigen. Er wird hierdurch aber nicht an der Praktizierung seines Glaubens gehindert. Er muss bei der Befolgung der von ihm aus religiösen Gründen als verbindlich empfundenen Pflicht zum Tragen eines Turbans dann lediglich auf das Motorradfahren verzichten.

Hinweis: Diese Einschränkung ist auch mit Blick auf die durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützte Religionsfreiheit grundsätzlich gerechtfertigt und vom Betroffen hinzunehmen. Die Helmpflicht soll nicht nur den Motorradfahrer selbst, sondern auch die körperliche und psychische Unversehrtheit anderer Unfallbeteiligter und der Rettungskräfte schützen.


Quelle: BVerwG, Urt. v. 04.07.2019 - 3 C 24.17
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 08/2019)

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